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Interdisziplinäre Aufgabe der Sportmedizin, Pädagogik und Pädiatrie? Bewegungsförderung bei Kindern
Die Daten zum Bewegungs- und Gesundheitsverhalten von Kindern und Jugendlichen sind ernüchternd. Deutlich wird, dass die Corona-Pandemie Spuren hinterlassen hat, die aufzuarbeiten sind (Schmidt et al., 2022).
Die negativen Auswirkungen des Bewegungsmangels im Kindes- und Jugendalter auf orthopädische, kardiovaskuläre und psychische Gesundheitsparameter sind gut dokumentiert. Diese manifestieren sich in der Regel über die Lebensspanne. So fordern auch MedizinerInnen seit Jahren konkrete Präventionspläne: „Damit wir unser bewährtes Gesundheitssystem auf hohem Niveau halten können, bedarf es eines Präventionsplans“, forderte beispielsweise Prof. Martin Engelhardt bereits im Jahr 2017. Dieser solle mit dem Staat, Kindergärten und Schulen, dem organisierten Sport und medizinischen
Fachgesellschaften abgestimmt, mit den entsprechenden Schulungsmaßnahmen unterlegt und langfristig angelegt sein.
Die Schule ist hier ein prädestiniertes Setting. In aktuellen Debatten um digitalisierten Unterricht, LehrerInnenmangel sowie Klassengrößen sollte die Bewegungsförderung nicht außer Acht gelassen werden. Systematische Übersichtsarbeiten (Messing et al., 2019; Dobbins et al., 2013) zur Bewegungsförderung in Schulen zeigen, dass zwei Domänen der körperlichen Aktivität in der Schule vielversprechend sind:
- der zielgerichtete Schulsport und
- die Förderung von Bewegung in anderen Schulfächern, Pausen, bei der Nachmittagsbetreuung und auf Schulwegen.
So gilt das Bereitstellen von Equipment für Bewegungsspiele plus ausreichend große Pausenräume und Schulhöfe als effektive Maßnahmen zur Förderung der körperlichen Aktivität und Leistungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen. Auch die positiven Effekte regelmäßiger Bewegungseinheiten im Rahmen des Fachunterrichts (beispielsweise das Errechnen der Flächeninhalte von geometrischen Figuren, die auf dem Schulhof aufgezeichnet und abgelaufen werden, die Berechnung der durchschnittlichen Geschwindigkeit der SchülerInnen eines 100-Meter-Laufs oder der Einfluss von Körpergröße und anderen Merkmalen im Mathematikunterricht) sind ausreichend dokumentiert. Rein edukative Maßnahmen, wie die Vermittlung von gesundheitsförderlichen Effekten ausreichender Bewegung, zeigen dagegen heterogene Ergebnisse (Messing et al., 2019). Eine Anpassung des Curriculums hinsichtlich zusätzlicher Sportstunden wird den systematischen Literaturanalysen zufolge als besonders wirksame Methode beschrieben.
Am effektivsten sei die Kombination der verschiedenen Maßnahmen (Messing et al., 2019; Morton et al., 2016).
Pädiatrische Praxis: In den USA wurde den KinderärztInnen 2018 in der Veröffentlichung der „Physical Activity Guidelines“ durch das US- Gesundheitsministerium eine entscheidende Rolle zugesprochen bei der Förderung körperlicher Aktivität von Kindern. Sie sollen die körperliche Aktivität und die körperliche Kompetenz beurteilen, Familien beraten in Hinblick für die Einhaltung der Empfehlungen der körperlichen Aktivität und sich gesellschaftlich und lokal dafür einsetzen, dass alle Kinder Zugang zu Möglichkeiten zur körperlichen Aktivität in Schulen, Gemeinden und Krankenhäusern haben (Lobelo et al., 2020).
Ein deutscher Expertenkonsens wurde 2014 im Rahmen der „Recommendations for Promoting Physical Activity for Children and Adolescents in Germany. A Consensus Statement“ (Graf et al., 2014) unter besonderer Berücksichtigung nationaler Daten, aber auch
unter Berücksichtigung von Aspekten spezifischer Zielgruppen, wie z.B. Kinder mit einem niedrigeren sozioökonomischen Status (SES) oder mit Migrationshintergrund veröffentlicht. Sie nehmen insbesondere die Familien, Kindergärten, Schulen, Vereine und Gemeinden in den Blick.
Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit der medizinischen Fachgesellschaften Sportmedizin und Pädiatrie mit der Pädagogik sowie den politischen Stakeholdern könnte ein vielversprechender Weg sein, um einen „Präventions-/ Gesundheitsförderungsplan Zukunft“ zu gestalten.
Der Sport, Medicine and Health Summit 2025 wäre ein geeigneter Ort hierfür.
Der Artikel wurde geschrieben von Laura L. Bischoff.
Sports, Medicine and Health Summit 2025
Der Sports, Medicine and Health Summit ist ein interdisziplinärer Fachkongress, an der Schnittstelle von Sport, Medizin und Gesundheit. Neben hochkarätigen internationalen Keynotes, können Sie sich auf herausragende Vorträge wichtiger ExpertInnen aus der Sportmedizin, aber auch der Trainingswissenschaft, Pädiatrie, Sportpädagogik, Kardiologie, Orthopädie und Gesundheitswissenschaft freuen.
Der Summit findet vom 26. bis 28. Juni 2025 in Hamburg statt.
Literatur
Dobbins, M., Husson, H., DeCorby, K., & LaRocca, R. L. (2013). School‐based physical activity programs for promoting physical activity and fitness in children and adolescents aged 6 to 18.Cochrane database of systematic reviews, (2).
Graf, C., Beneke, R., Bloch, W., Bucksch, J., Dordel, S., Eiser, S., ... & Woll, A. (2014). Recommendations for promoting physical activity for children and adolescents in Germany. A consensus statement.Obesity facts,7(3), 178-190.
Lobelo, F., Muth, N. D., Hanson, S., Nemeth, B. A., LaBella, C. R., Brooks, M. A., ... & Walsh, S. M. (2020). Physical activity assessment and counseling in pediatric clinical settings.Pediatrics,145(3).
Messing, S., Rütten, A., Abu-Omar, K., Ungerer-Röhrich, U., Goodwin, L., Burlacu, I., & Gediga, G. (2019). How can physical activity be promoted among children and adolescents? A systematic review of reviews across settings.Frontiers in public health,7, 55.
Schmidt, S. C., Burchartz, A., Kolb, S., Niessner, C., Oriwol, D., & Woll, A. (2022). Influence of socioeconomic variables on physical activity and screen time of children and adolescents during the COVID‑19 lockdown in Germany: the MoMo study.German Journal of Exercise and Sport Research,52(3).